Deep Tech kann Europas neuer Innovationsmotor werden

Nanorobotik, Quantum Computing oder grüner Wasserstoff: Europas Anteil an globaler Deep-Tech-Finanzierung ist laut einer McKinsey-Analyse auf 19 Prozent gestiegen. Darin beobachtet die Unternehmensberatung auch, dass die Finanzierung seit einigen Jahren rentabler ist als Investitionen in verbrauchernahe digitale Technologien.

Digital cyberspace with particles and Digital data network connections concept. (Bild: ©KanawatTH/stock.adobe.com)

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Der europäische Deep-Tech-Sektor gewinnt zunehmend an Relevanz und Attraktivität. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle McKinsey-Studie „European Deep Tech: Opportunities and Discoveries“. So ist der europäische Anteil an den globalen Deep-Tech-Investitionen von 2019 (10 Prozent) um 9 Prozentpunkte auf 19 Prozent im Jahr 2023 gestiegen. Noch deutlicher zeigt sich die Entwicklung bei rein europäischer Betrachtung. Deep Tech macht mittlerweile (2023) rund 44 Prozent aller Tech-Investitionen in Europa aus, ein Anstieg um 18 Prozentpunkte seit 2019.

Aber es wird nicht nur mehr investiert, die Investitionen sind auch gewinnbringender. Im Vergleich zu Investitionen in traditionelle Technologien (Regular Tech oder Digital Tech) haben europäische Deep-Tech-Investitionen seit 2005 die Netto-Renditen (Net IRR) traditioneller Technologie-Investitionen deutlich übertroffen. Nach Abzug aller Gebühren und Kosten haben sie eine durchschnittliche jährliche Rendite von 16 Prozent erzielt, während traditionelle Technologie Investitionen nur 10 Prozent erreichten. Traditionelle Technologien beziehen sich auf eine breite Palette von Anwendungen, etwa Streamingdienste oder E-Commerce-Plattformen. „Europa hat die Consumer-Technologiewelle verpasst, deren Siegeszug durch das Silicon Valley geprägt wurde. Aufgrund der starken Forschungstradition und aktuellen technologischen Durchbrüche hat Europa jedoch enorme Wachstums- und Innovationsmöglichkeiten im Bereich Deep Tech“, sagt Karel Dörner, Senior Partner im Münchner McKinsey-Büro.

Deep Tech lässt sich in acht Investitionsfelder unterteilen

Deep Tech umfasst bahnbrechende Technologien zur Lösung globaler Herausforderungen wie Klimawandel und Energieknappheit. Aktuell gliedert sich Deep Tech in acht Technologie- und Investitionsfelder auf, die zunehmend Risikokapital anziehen:

  • Neue KI (z.B. autonome Systeme oder erklärbare KI),
  • Zukunft der Computertechnologie (z.B. Quantum Computing oder Brain-Computer-Interface),
  • Neue Energien (z.B. grüner Wasserstoff oder Abwärme Rückgewinnung),
  • Raumfahrttechnologie (z.B. Nanosatelliten oder Weltraumbergbau),
  • Robotik (z.B. humanoide Roboter oder Nanorobotik),
  • Biotechnologie, Lebensmitteltechnologie und Agrartechnologie (z.B. Laborgezüchtete Lebensmittel oder KI-gestützte Arzneimittelforschung),
  • Verteidigungstechnologie (z.B. Cybersicherheit oder Drohnentechnologie) sowie
  • fortschrittliche Materialien (z.B. grüner Beton oder Nanomaterialien).

Vier weit verbreitete Irrtümer über Deep Tech

Deep Tech sei wie viele Innovationsfelder oft von falschen Vorstellungen geprägt, so McKinsey. Diese Mythen wirkten in der Vergangenheit häufig abschreckend sowohl auf potenzielle Risikokapitalgeber (Venture Capitalists, VCs) als auch auf etablierte Unternehmen, die mit den Deep Tech Start-ups kooperieren oder sie übernehmen wollten. Die Autoren räumen in ihrer Studie mit vier weit verbreiteten Mythen auf:

  • Höheres Risiko als digitale Tech-Start-ups: Deep Tech-Start-ups reduzieren ihr Risiko über die Zeit und weisen ähnliche Ausfall- und Erfolgsraten wie andere Tech-Start-ups auf. Die kumulativen Erfolgsraten liegen sowohl bei Deep Tech als auch bei Regular Tech Start-ups bei 2.5 Prozent.
  • Längere Lebenszyklen und längere Exit-Zeiten: Die Zeit bis zum Erreichen des Unicorn-Status und zum Exit (Verkauf des Unternehmens oder Börsengang) ist vergleichbar mit Regular Tech Start-ups. Deep Tech Start-ups benötigen mit durchschnittlich sechs Jahren bis zum Erreichen des Unicorn-Status, nur sechs Monate länger als herkömmliche Tech-Start-ups. Auch im Hinblick auf Exit-Zeiten liegen auch Regular Tech-Start-ups und Deep Tech Start-ups mit sieben Jahren gleichauf.
  • Begrenzte Skalierbarkeit: Im Schnitt erreichen 0,62 Prozent aller Deep Tech Start-ups den Unicorn-Status. Bei digitalen Tech-Start-ups sind es nur 0,54 Prozent. Deep Tech-Start-ups haben also eine höhere Wahrscheinlichkeit, diesen Status zu erreichen.
  • Geringere Kapitalrendite: Deep Tech Start-ups zeigen eine größere Kapitaleffizienz, die sich besonders in den früheren Investitionsphasen abzeichnet. Kapitaleffizienz bezeichnet das Verhältnis zwischen der letzten Bewertung und der Gesamtfinanzierung. In der Frühphase liegt die Effizienz mit 4,0-4,5x fast doppelt so hoch wie bei herkömmlichen Tech Start-ups, die im Schnitt eine Effizienz von 2,5-3,0x aufweisen.

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